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Es ist entschieden

Redaktion
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Die Auswahljury hat alle Filme gesichtet und getagt, die Filme für das 42. FILMSCHOOLFEST MUNICH stehen fest. Wir sprachen mit der Jury über ihre Erfahrungen und das diesjährige Programm – ohne schon zu viel zu verraten.

Es ist entschieden

Aus über 350 Einreichungen sind es am Ende 43 Filme aus 28 Ländern aus der ganzen Welt geworden, die das diesjährige Programm des Filmschoolfest ausmachen werden. Die dreiköpfige Auswahljury musste sich der schwierigen Aufgabe stellen, diese zu bestimmen. Im Nachhinein fragen wir Gisèle S. Mbamu (GM), Ribal Chedid (RC) und Joanna Żak (JZ), wie dieser Prozess für sie war, ob sie mit dem Programm zufrieden sind und wie man es überhaupt schafft, so viele Stunden Filmschauen innerhalb eines Monats unterzubringen.

Kanntest du das FILMSCHOOLFEST MUNICH schon bevor du ein Teil der diesjährigen Auswahljury wurdest?

GM: Ich habe an der HFF München studiert und kenne das Kurzfilmfestival sehr gut. Ich mochte es sehr und habe mich auf den Herbst immer gefreut. Damals lief es auch noch im Filmmuseum, das eine ganz besondere und intime Atmosphäre hatte.

RC: Ja! Ich habe letztes Jahr am 41. FILMSCHOOLFEST MUNICH mit meinem Kurzfilm TALK TO ME teilgenommen und es war eine einmalige Erfahrung!

JZ: Ja, ich hatte auch schon vom Filmschoolfest gehört, aber war selbst noch nie dort.

Du musstest mehr als 350 Filme sichten. Wie waren Deine Erwartungen, bevor Du damit angefangen hast? (War es das erste Mal, dass du Filme für ein Festival auswählst, oder hast du damit schon Erfahrungen gemacht?)

GM: Ich habe über Erwartungen nicht nachgedacht. Ich war neugierig und ungeduldig und wollte am liebsten alle 350 Filme auf einmal angucken, was leider nicht ging. :D
Ich saß zum ersten Mal in einer Auswahljury und bin für diese Erfahrung sehr dankbar, die ich nicht missen will. Den (Film-)Sommer 2023 werde ich also nicht so schnell vergessen.

RC: Es war für mich auch das erste Mal, dass ich Filme für ein Festival aussuchen sollte. Ehrlich gesagt, war mir die Menge der Filme gar nicht so bewusst, bis ich angefangen habe, sie nach und nach zu sichten. Wenn ich so darüber nachdenke, weiß ich immer noch nicht, wie ich es geschafft habe. Haha!

JZ: Ich arbeite als Filmkuratorin, also hatte ich im Gegensatz zu den anderen beiden schon Filmauswahlen getroffen. Aber hauptsächlich kuratiere ich Programme für eine jüngere Zielgruppe. Also musste ich dieses Mal meine Herangehensweise ändern und immer im Hinterkopf behalten, dass ich Filme für ein anderes Publikum auswähle.

Wie bist Du beim Sichten dieser großen Menge an Filmen vorgegangen? Wie viele Stunden hast du vor dem Bildschirm verbracht? (Was war der ungewöhnlichste Ort, an dem du Filme gesichtet hast?)

GM: Ich denke, ich war gut organisiert. Ich habe mir unter der Woche 3-4 Tage Zeit genommen und schaute die Filme von Mittwoch bis Samstag. Da ich Struktur liebe, habe ich die Kurzfilme zunächst nach Ländern und ihren jeweiligen Filmhochschulen angeschaut. Später verwarf ich aber diese Struktur, da ich ein bisschen freier sein wollte und mich zu sehr eingeengt gefühlt habe. Zu Beginn habe ich die Kurzfilme wie im Wahn durchgesuchtet und konnte nicht aufhören zu gucken. Nach zwei Wochen musste ich damit aufhören und meine Filmzeit innerhalb der vier Tage eingrenzen, um keinen filmischen Burn-out zu bekommen. :D

RC: Ich hatte eine andere Strategie: Ich habe die ganz kurzen Kurzfilme tagsüber, wenn ich wenig Zeit hatte, oder abends, wenn ich müde war, angeschaut und mir die längeren Filme für die Tage übergelassen, die ich mir fürs Sichten reserviert hatte und an denen ich fitter war. Ich habe sicher 90 Stunden vor dem Bildschirm verbracht. Als die Deadline immer näher kam, habe ich auch angefangen, Filme in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit anzusehen, damit ich rechtzeitig fertig wurde. :D

JZ: Mit ging es ähnlich wie Ribal. Zuerst hatte ich vor, jeden Tag zwei Stunden mit der Auswahl zu verbringen. Aber ab einem gewissen Punkt wurden es dann am Wochenende eher 12 -14 Stunden. Das kann ich wirklich nicht empfehlen. :D

Sind Dir bei den Filmen allgemeine Tendenzen aufgefallen? Oder gab es besondere Thematiken oder Ästhetiken, die Dich besonders beeindruckt haben?

GM: Die Qualität der Filme war unglaublich gut und sehr professionell. Inhaltlich hat es mich als gesellschaftskritische Autorin besonders gefreut, dass viele Filmemacher:innen auf gesellschaftlich relevante, aktuelle Themen zurückgriffen und diese filmisch auf ihre besondere Art und Weise umsetzten. Mein Dank geht an alle Filmemacher:innen, die ihre Filme eingereicht haben. Auch diejenigen, die es nicht ins Programm geschafft haben, sollten sich nicht entmutigen lassen; schreibt weiter, dreht weiter und liebt euer eigenes Werk, unabhängig von der Meinung anderer.

RC: Mir ist auch aufgefallen, dass Trauer in all seinen Formen und Farben sehr präsent bei den Einreichungen und auch jetzt in unserer Endauswahl ist. Es war auch interessant, zu sehen, dass manche Filme von denselben Schulen dieselben Stärken, aber auch Schwächen hatten.

JZ: Ständig überrascht zu werden ist für mich das Beste an diesem Job. Daher wollte ich einfach offen und neugierig gegenüber Neulingen und Studierenden von bekannten Filmhochschulen bleiben. Es war aufregend, zu sehen, wie mutig die Filmemacher:innen der Zukunft sind, egal ob man ihre Techniken oder die Auswahl ihrer Protagonist:innen betrachtet.

Was hat Dich an dem ganzen Prozess am meisten überrascht?

GM: Mich haben tatsächlich drei Länder überrascht, die ich gar nicht als klassische „Filmländer“, die man sonst so kennt, in meinem Kopf abgespeichert habe. Die Filme haben mich umgehauen und einige von ihnen laufen auch im Programm. Ich verrate aber nicht, welche Länder ich genau meine.  

RC: Neue, hybride Formen zu entdecken, die ich so noch nicht gesehen hatte, und zwar auf der Erzähl- und der Stilebene, hat mich angenehm überrascht. Außerdem war es schön, Filme aus Teilen der Welt zu entdecken, die mir unbekannt sind, wie Trinidad & Tobago, Singapur oder Nepal.

JZ: Ich finde, da passt meine Antwort auf Frage 4 doch eigentlich auch perfekt.

 

Wie war Dein Auswahlprozess mit den anderen beiden Jurymitgliedern? Wart Ihr Euch einig oder musstet Ihr für Eure Lieblingsfilme auch manchmal kämpfen? (Bist du zufrieden mit der finalen Auswahl?)

GM: Unsere Persönlichkeiten sind sehr unterschiedlich und ich hatte das Gefühl, dass jeder von uns einen anderen Schwerpunkt gesetzt hat. Ich bin eine sehr emotionale Filmguckerin, und kann auch, wenn mich die Story im Gesamten packt, über Schwächen z.B. in der Inszenierung hinwegsehen. Außerdem habe ich Ausschau nach dem sogenannten „Unique Selling Point“ gehalten, also nach ganz besonderen Geschichten, die so noch nie zuvor oder nur sehr selten erzählt wurden. Zudem war es mir wichtig, dass die Kurzfilme, die auf dem Filmfestival laufen, einen aktuellen Bezug zu gesellschaftlich relevanten Themen haben. Wir dürfen zu bestimmen Themen nicht länger schweigen. Sie müssen sichtbar werden.

Unsere jeweiligen unterschiedlichen Schwerpunkte haben sich aber tatsächlich am Ende sehr gut ergänzt und führten zu dem Programm, das jetzt auf der großen Kinoleinwand zu sehen sein wird. Es hat mir großen Spaß gemacht, mich mit den anderen auszutauschen. Es hat mir gefallen, dass wir sehr respektvoll miteinander umgegangen sind und auch die Meinung des jeweils anderen akzeptiert haben, auch wenn sie von der eigenen abwich.  

RC: Die Evaluation mit Joanna und Gisèle verlief für mich auch sehr glatt und meiner Meinung nach erfreulich. Es tat gut, endlich unsere Erfahrungen zu teilen und über die Filme sprechen zu können, die wir einen Monat lang angeschaut hatten. Und es war sehr interessant, zu sehen, was uns alle drei bewegt hatte. Bei den meisten Filmen waren wir in der Tat von Anfang an einer Meinung, bei manchen mussten wir während des Auswahlprozesses noch etwas diskutieren. Ich musste für einen meiner absoluten Favoriten kämpfen, den ein anderes Jurymitglied überhaupt nicht mochte, aber ich hatte Erfolg. :D

JZ: Ich bin wirklich sehr zufrieden mit der finalen Auswahl und auch meiner Meinung nach war es kein schwieriger Prozess. Ich glaube, wir haben nur einmal gestritten, aber mit einem kleinen Trick hatten wir das Problem schnell gelöst. :D Am Ende waren es einfach die besten Filme, die uns am meisten beeindruckt haben, und das hat unsere Arbeit sehr einfach gemacht.

Entsprachen deine gemachten Erfahrungen deinen Erwartungen?

GM: Ich habe mich auf das Abenteuer ohne jegliche Erwartungen eingelassen, da Erwartungen mich in der Lebensfreude einschränken. Einfach machen und gucken, was passiert. Ich bin auf jeden Fall sehr dankbar für diese Erfahrung und kann es kaum erwarten, die Filme auf der großen Leinwand zu sehen. Vielen lieben Dank, dass ich dabei sein durfte. Meine Liebe zum Film wurde mit dem Job als Auswahljurorin mehr als bestätigt.

RC: Absolut, ich würde es jederzeit wieder machen.

JZ: Das geht mir ganz genauso, Ribal.

Warum sollte man das FILMSCHOOLFEST MUNICH dieses Jahr besuchen und die von euch gewählten Filme anschauen?

GM: Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Kommt einfach vorbei. Freut euch auf neue Welten und besondere Perspektiven. Der Horizont kann erweitert werden, das Herz geöffnet. Letzteres braucht die Gesellschaft.

RC: Also ich denke, dass man zuerst einmal nicht jeden Tag vielversprechende Filme von Studierenden aus der ganzen Weit entdecken kann. Wir drei haben eine sehr vielseitige und hervorragende Auswahl getroffen, daher sollte man die Chance auf jeden Fall nutzen, die Filme zu sehen! Außerdem ist das FILMSCHOOLFEST MUNICH ein unterschätztes, spaßiges und erfrischendes Festival, bei dem Menschen netzwerken, die Talente von morgen treffen und, vor allem, durch das wunderschöne Medium Kino zusammenkommen können. Ich habe bei diesem Festival Freundschaften fürs Leben geschlossen und das wünsche ich allen Teilnehmenden dieses Jahr auch.

JZ: Und wenn man an der Zukunft des Kinos interessiert ist und neue, aufstrebende Regisseur:innen vor allen anderen kennenlernen will, dann ist das Filmschoolfest genau der richtige Ort dafür.

Wir sagen danke an die drei für ihre Arbeit und die Zeit, die sie für das Filmschoolfest investiert haben.

Die einzelnen Filme und die daraus zusammengestellten 10 Programme werden Ende Oktober bekanntgegeben.

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